Im Hochgebirge, beispielsweise in den nördlichen Alpen, nimmt die Wärme vom Tal zu den Gipfelregionen rasch ab, die Niederschläge nehmen zu. Daraus ergibt sich ganz von selbst eine Dreigliederung der natürlichen Gebirgswälder.
Täler
und die niederen Hänge sind mit Laubwäldern
bedeckt. Daran schließt sich das breite Band des Bergmischwaldes an:
Laubbäume, Fichten
und Tannen.
Ab 1500 Metern nehmen natürliche Nadelwälder
zu, bis der Wald bei etwa 1800 Metern seine obere Grenze erreicht. Im Hochgebirge
kann man auf wenigen Kilometern von Tal zu Berg genauso vielfältige Waldgesellschaften
durchwandern wie im Flachland auf vielen Kilometern von Süd nach Nord.
Wald ist in bergigem Gelände noch weit wichtiger als in der Ebene. Im Hochgebirge hat er überwiegend eine Aufgabe als Schutzwald. Der Mensch hat Gebirgswald gerodet, um Siedlungen, Äcker, Wiesen und Straßen anzulegen, hat Schneisen für Lifte und Abfahrten geschlagen. Wo er dabei die Schutzfunktionen des Waldes zu wenig beachtete, haben Lawinen, Steinschlag und Hochwasser die Siedlungen und häufig auch die dort lebenden Menschen vernichtet; in den Bergen rächen sich Vergehen am Wald sehr viel härter als im Flachland.
Denn die Hänge sind steiler und länger als sonstwo, die Niederschläge
viel stärker als in der Ebene. Siedlungen, Verkehrswege und die Menschen
selbst sind gefährdet, wenn der Schutzwald lückenhaft wird.
Aber man fragt sich natürlich, wie der Wald in kritischen Situationen
seine Schutzfunktion überhaupt ausfüllen kann. Auch Bäume sind
verletzlich. Wie können sie herabfallende Steine, abwärts rutschenden
Schnee und herabschießendes Wasser aufhalten, ohne im Lauf der Zeit
selbst zerstört zu werden? Und wie kann unter solchen Umständen
immer wieder junger Wald nachwachsen?
Nun,
die Natur hilft sich. Sie hat da Strategien entwickelt, um den Wald zu schützen
und die Verjüngung zu sichern. Hauptbaumarten wie Buche,
Tanne,
Fichte
und Bergahorn
werden sehr alt; die Zahl der Lücken im Gebirgswald
ist deshalb unter natürlichen Bedingungen gering. Im Lauf eines Baumlebens
wird viel Humus am Waldboden angesammelt. Die Bäume bilden durch mehrere
Jahrhunderte alle paar Jahre viele Samen. So ist der Waldboden fast ständig
mit kleinen Baumsämlingen übersät; sowie genügend Licht
bis zum Waldboden durchdringt, beginnen sie zu wachsen.
Wo alte Bäume umgefallen sind, siedeln sich am Boden sofort raschwüchsige Pionierpflanzen wie Weidenröschen, Weide, Holunder, Eberesche oder Wildkirsche an. Sie stoppen den Abbau des angesammelten Humus, hindern zusammen mit den umgestürzten Bäumen Steine am Herabstürzen, Wassermassen am Herabschießen und die Schneemengen am Abrutschen. Im Schutz dieser Pionierpflanzen können die Hauptbaumarten in Ruhe aufwachsen. Nach einigen Jahrzehnten haben sie die Pioniere überwachsen und bilden schließlich für mehrere Jahrhunderte wieder einen neuen, dichten Wald.